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in deutscher Sprache
|  | Inhalt | 
|      8 | Vorwort
   Der Unterrichtsbeginn | 
|    12 | Das
  gelobte Land  Der verführerische Klang eines englischen Wortes (Eine
  deutsch-palästinensisch-israelische Geschichte) | 
|    40 | Der Kaufmann von Venedig  Eine
  lehrreiche shakespearesche Tragikomödie | 
|    65 | Weiße
  Rosen aus Athen Eine griechische Geschichte, der Daily Mail untergeschoben | 
|    77 | Der
  unheimliche Byrt MacPeye  Eine gruselige Geschichte nicht
  frei von Vorurteilen | 
| Eine Supernova am
  Himmel  der heiteren
  Belletristik Hier
  ist einer am Werk, der das Gesetz des humorvollen Schreibens im Blut hat. Der
  rechnet nicht. Der klügelt nicht aus. Der tüftelt nicht. Er sieht beim
  Schreiben. Und überall ist da auch immer das tastende Wort der Liebe zum
  Leben. Das ist stets spürbar, packt einen und lässt nicht mehr los. Rainer
  Triller! Ein aufleuchtender Stern … eine deutsche Supernova am Himmel der
  englischsprachigen, intelligenten und humorvollen Belletristik. Denn er
  dichtet auf Englisch – spontan und intuitiv – und in dieser Gussform
  schmiedet er seine deutschen Prosatexte. Typisch  für 
  die  Triller‘sche  Schreiberei  ist 
  die  Sache  mit dem Trick der doppelten Wirkung: Der
  Spaß als herkömmlicher Spaß und auch zugleich seine Infragestellung, die
  ironische Unterhöhlung; die Sache  an
  sich und gleich auch ihre zärtliche Pointe. Uwe Gronau | 
| Leseprobe Das gelobte Land oder Der
  verführerische Klang eines englischen Wortes    
  “Palatinate” – immer wenn er bis aufs Äußerste angespannt war, sprach
  er leise dieses Wort vor sich hin, das förmlich auf seiner Zunge zerging.
  Mohamed Fattuh sah wenig Hoffnung für sich und seine Familie. Er hatte nie
  viel Zuspruch oder Mitgefühl erfahren all die Jahre, die er in Gaza City
  verbracht hatte. Die einzige Möglichkeit, sich dem harten Alltag zu
  entziehen, wenn sich die Lage wieder einmal unangenehm zugespitzt hatte und
  er am Rande der Verzweiflung stand, bot ihm ein zerfledderter englischer
  Atlas, den er dann hoffnungsvoll herausholte und vorsichtig auf seinem Schoß
  platzierte, um die europäischen Staaten zu studieren, die seiner Familie und
  seinen Freunden eine bessere Zukunft gewähren könnten. Er hatte erst kürzlich
  gehört, dass Deutschland wohl der beste Staat sei für Menschen, die sich
  verfolgt und unterdrückt fühlten. Aus diesem Grunde studierte er besonders
  aufmerksam die deutschen Gebiete, von denen er hoffte, dass sie eines Tages
  die Massen der palästinensischen Flüchtlinge aufnehmen würden, die dem Grauen
  im eigenen Lande entkommen waren. Dabei stieß Mohamed auf einen deutschen
  Landstrich, der zumindest dem Namen nach den Eindruck erweckte, ein
  geeigneter Ort für seine palästinensischen Landsleute zu sein. Langsam las er
  den wohlklingenden Namen dieser Gegend, die man auf Englisch „Palatinate“ nennt und dessen
  Bezeichnung ein wenig so aussieht wie „Palästina“.
  Von daher meinte Mohamed, dass diese Region durchaus das gelobte deutsche
  Land sein könnte, nach dem sich seine Nation so inständig sehnte. … Wider Erwarten war die örtliche
  Dorfgemeinschaft nicht  bereit, ihr
  Dorf und ihr Land mit diesem unbekannten, noch dazu so komisch aussehenden
  Kerl zu teilen, bei dem nicht auszuschließen war, dass er ein Terrorist oder
  Spion war. Mohamed gestikulierte aufgeregt in seiner typisch arabischen Art
  und machte auf diese Weise deutlich, dass er gekommen war, um zu bleiben. Er
  führte dazu allerlei Argumente an, die dafür sprachen, dass dies der richtige
  Ort für alle entwurzelten Palästinenser war. Mohamed behauptete, wenn man
  ihre beiden Heimatländer vergliche, dann würde man feststellen, dass sie
  viele Gemeinsamkeiten hätten. Wortgewandt wies er darauf hin, dass beide
  Länder einst Teil des untergegangenen, mächtigen Römischen Reiches waren, und
  er sei schließlich ein aufgeklärter Palästinenser, der nicht gekommen sei, um
  eine ehemalige römische Siedlung auszuplündern. Die Dorfgemeinschaft schaute
  recht beschämt drein, als Mohamed dann mit etwas Nachdruck erklärte, er hätte
  sich auch gründlich mit der Geschichte der örtlichen Kirche
  auseinandergesetzt, die ohne die tatkräftige Unterstützung seines eigenen
  Landes überhaupt nicht existieren würde. … Der Pfarrer der Kirchengemeinde
  wusste, dass es da noch einen Schuppen gab, in dem sich Mohamed für einige
  Zeit niederlassen konnte, doch er bestand darauf, dass er den Schlüssel nur
  gegen eine ordentliche Quittung und eine kleine Gebühr aushändigen könne.
  Etwas verlegen sagte Mohamed, er habe kein Bargeld und sähe sich daher außer
  Stande den Pfarrer auf der Stelle zu bezahlen. Doch er beteuerte, er könne es
  arrangieren, dass die Kirchengemeinde sein Grundstück in Gaza im Austausch
  erhielte. Es handele sich dabei um ein Stück Land, das vollkommen steuerfrei
  sei, mit Blick auf das Mittelmeer.     „Steuerfrei?
  Mit Blick auf das blaue Mittelmeer?“ Die
  Bewohner der Gemeinde Weyher hörten dies mit einiger Verwunderung und
  offensichtlichem Entzücken. Im Nu wurde Mohamed von allen Seiten bedrängt.
  Während er noch etwas verblüfft dreinschaute, konnte er sich kaum vor dem
  Ansturm der laut durcheinanderschreienden Menge retten. Obwohl Mohameds
  Beteuerungen nicht ganz erwiesen waren, wurde ihm innerhalb kürzester Zeit
  mehr Land angeboten als er für sich selbst benötigte. … Die neuen Grundstückseigentümer
  beeilten sich nun, das Land, das sie entlang des palästinensischen Strandes
  erworben hatten, möglichst bald in Besitz zu nehmen. Sie begaben sich daher
  unverzüglich an diesen Ort, um dort die gesunde Seeluft und die herrliche
  Sonne zu genießen und gemütlich in den Tag zu leben und ihren Vergnügungen
  nachzugehen. Anfänglich waren es nicht mehr als fünfzig Deutsche, die ihre
  Ferienhäuser an der palästinensischen Küste bauten. Die Häuser waren
  schnurgerade ausgerichtet, funktional gebaut und nach äußerst praktischen
  Überlegungen angelegt. Hinter vorgehaltener Hand gab der eine oder andere
  Palästinenser etwas neidisch zu, wie sehr ihn diese schönen Häuser
  beeindruckten. Die Gärten sahen makellos und prächtig aus. Die Blumenbeete
  und jede noch so kleine Rasenfläche wurden täglich gewissenhaft von jeglicher
  Form des Unkrauts befreit und waren von einem zweckmäßigen deutschen
  Jägerzaun umgeben, sodass kein herumstreunender Hund oder unbeherrschter
  Passant die Gärten als öffentliche Toilette benutzen konnte. Bisher war in
  der Gegend von Nazareth bis Betlehem noch niemand auf die Idee gekommen,
  einen Gartenzwerg vor seiner Behausung zu platzieren. Hier konnte man dagegen
  nahezu eine Million von ihnen bewundern, die in Reihe und Glied unter den im
  Winde wehenden deutschen Nationalfahnen friedlich nebeneinander standen. … Mit jedem Grundstück, das die
  Deutschen erwarben, wuchs die palästinensische Gemeinde in Weyher. Die
  palästinensischen Neubürger betrachteten die Pfalz als ihre Ersatzheimat. Das
  Leben im Gazastreifen war im Vergleich zu ihrer neuen Heimat wesentlich
  spannungsbeladener. Hier ereigneten sich häufig Dinge, die die täglichen
  Abläufe empfindlich aus dem Gleichgewicht brachten. …    
  Für die Deutschen, denen es gelungen war ein Grundstück in der
  Westbank zu erwerben, war das tägliche Leben weniger nervenaufreibend, aber
  ihre neu entstandenen Städte und Siedlungen waren der israelischen Regierung
  ein Dorn im Auge. Sie hatte die deutschen Eindringlinge gefürchtet, lange
  bevor diese sich in diesem Gebiet niederließen. Durch den konstanten Zuzug
  der Deutschen in die Westbank fühlten sich die Israelis nun regelrecht
  umzingelt. Vorsichtshalber warnte die israelische Regierung ihre
  unbekümmerten palästinensischen Nachbarn, dass die Deutschen immer auf der
  Suche nach billigen  Arbeitskräften
  seien und sie darüber hinaus ganz spezielle Methoden entwickelt hätten, die
  Nationen dieser Welt über ihre wahren Absichten zu täuschen, indem sie
  jedermann geschickt in den Glauben versetzten, ein Deutscher könne keiner
  Fliege etwas zuleide tun. … _________________________________________________________________________ Diese
  sarkastisch humorvollen Phantastereien, die wie Schwingtüren zwischen den
  Zeilen pendeln … das macht ihm so schnell keiner nach, und hier sollte man die
  grundsätzliche Scheu überwinden und einmal alle gesparten Superlative
  freigiebig über ihn ausschütten: TRILLER ist ein wahrer Meister seines
  Faches. Uwe Gronau |